Mehrstufige Weiterbildung
„Traumazentrierte Fachbegleitung und -betreuung”

Die Weiterbildung „Traumazentrierte Fachbegleitung und -betreuung” dient speziell der Professionalisierung von Alten- und Krankenpflegekräften im Bereich der Psychotraumatologie. Die Inhalte dieser methodenübergreifend und ressourcenorientiert konzipierten Weiterbildung orientieren sich an den aktuellen, international gültigen wissenschaftlichen Erkenntnissen der Psychotraumatologie.

Übersicht zur Weiterbildung Traumazentrierte Fachbegleitung und -betreuung

Theorieseminar 16 UE
  • Begriff der psychischen Traumatisierung
  • Prozess psychischer Traumatisierung
  • Akute und chronische Folgen psychischer Traumatisierung
  • Varianten psychotraumatischer Syndrome
  • Vier-Phasen-Modell traumazentrierter Fachbegleitung und -betreuung (Überblick):
    1. Orientierung, 2. Stabilisierung, 3. Traumabearbeitung/-verarbeitung, 4. Integration
  • Orientierungsphase Teil 1: Beziehungsaufbau und -gestaltung
  • Basisstrategien traumazentrierter Fachbegleitung und -betreuung
Theorie-Praxis-Seminar 16 UE
  • Physiologie psychischer Traumatisierung
  • Selbstfürsorge I: Belastungsanalyse und Strategien der Entlastung
  • Kindheitstraumata
  • Orientierungsphase Teil 2: Anamnese-Aspekte bei psychischer Traumatisierung
  • Stabilisierungsphase: Ebenen der Stabilisierung (körperlich, sozial und psychisch)
  • Stabilisierungsphase I: Körperliche Stabilisierung: 1. Theoretische Grundlagen, 2. Praktische Übungen: Einfache Entspannungstechniken, Achtsamkeits- und (Selbst-)Wahrnehmungsübungen, Edu-Kinesiologische Übungen, Breema, Qigong
  • Krisenintervention I: Umgang mit dissoziativen Zuständen
Praxisseminar 16 UE
  • Stabilisierungsphase II: Psychische Stabilisierung mit imaginativen Verfahren:
    1. Grundlagen: Geschichte; Arten imaginativer Übungen; Imaginieren, Transformieren, Externalisieren, Manipulieren und Kontrastieren; Einsteigerübungen (Schöner Morgen; Schöner Morgen – mieser Morgen; Schatztruhenübung);
    2. Distanzierungs- und Kontrolltechniken: Tresor- und Eisfachtechnik, Gepäck ablegen, guatemaltekisches Sorgenpüppchen etc.;
    3. Selbstberuhigungs- und Selbsttröstungstechniken: Innerer Garten, Baumübung, innerer sicherer Ort, innere Helfer, Krafttier finden, Frieden schließen mit sich selbst etc.
  • Krisenintervention II: Umgang mit selbstschädigendem Verhalten
Supervision und Selbsterfahrung 16 UE
Praxisbezogene Supervision mit Selbsterfahrungselementen (Zwei Tage mit jeweils 8 UE)
Insgesamt 64 UE

Das Konzept „Traumazentrierte Fachbegleitung und -betreuung”

Seit Mitte der 90er Jahre haben die Erkenntnisse der Psychotraumatologie in Deutschland an Bedeutung gewonnen und insbesondere die psychotherapeutische, in den letzten Jahren auch die pädagogische und beraterische Arbeit mit traumatisierten Menschen zunehmend beeinflusst. So wichtig diese Entwicklung ist – vernachlässigt wurde dabei bis vor kurzem, dass Begegnungen mit traumatisierten Menschen nicht nur in der Psychotherapie stattfinden, sondern in allen ambulanten und stationären Einrichtungen, so auch in der ambulanten und stationären Alten- und Krankenpflege.

Obwohl die Arbeit mit traumatisierten Menschen zum beruflichen Pflegealltag gehört, ist das Wissen um die Besonderheiten im professionellen Umgang mit den Betroffenen daher derzeit noch gering. Pflegende und Betreuende fühlen sich oft hilflos und überfordert, wenn sie mit typischen Traumasymptomen wie bildhaftes Wiedererleben (z. B. von Unfall- oder Kriegsszenarien), Alpträumen, massiven Ein- und Durchschlafstörungen, Reizbarkeit oder Wutausbrüchen konfrontiert sind. Das eigene Hilflosigkeitserleben wird dadurch verstärkt, dass die üblichen Herangehensweisen (z. B. zur Beruhigung eines aufgebrachten Menschen) oftmals nicht nur versagen, sondern den Zustand der Betroffenen u. U. sogar verschlimmern. Für viele Pflegende und Betreuende werden so im Laufe der Zeit die Grenzen des persönlich Aushaltbaren erreicht. Körperliche Erschöpfung, Ohnmachtsgefühle in der Pflege der Bewohner und Patienten sowie zunehmende Fehlzeiten sind oft Warnhinweise für eine beginnende Stresserkrankung (z. B. psychosomatische Beschwerden, Burnout), die schlimmstenfalls zur vorzeitigen Aufgabe der Berufstätigkeit bzw. der Kündigung des Arbeitsplatzes führen können.

Vor diesem Hintergrund ist im Laufe der Zeit die Notwendigkeit deutlich geworden, Weiterbildungsgänge zu entwickeln, die auf die speziellen Voraussetzungen und den Arbeitsalltag von Pflegekräften in allen Bereichen genauer zugeschnitten sind. Zielsetzung ist dabei zum einen ein veränderter professioneller Umgang mit traumatisierten Menschen, zum anderen ein achtsamer Umgang mit sich selbst und den eigenen Ressourcen, um Belastungssituationen vorzubeugen.

Die Weiterbildung „Traumazentrierte Fachbegleitung und -betreuung” dient speziell der Professionalisierung jener Berufsgruppen, die in der stationären und ambulanten Alten- und Krankenpflege tätig sind. Das vorrangige Ziel der traumazentrierten Fachbegleitung und -betreuung ist die Stabilisierung der Bewohner bzw. Patienten – sei es, um sie in die Lage zu versetzen, ihr Trauma auf dieser Basis nach und nach selbst verarbeiten zu können (Unterstützung natürlicher Verarbeitungsprozesse); sei es, um sie auf eine traumabearbeitende Psychotherapie vorzubereiten bzw. diese stabilisierend zu begleiten; oder sei es, weil sich aufgrund spezifischer Bedingungen der Betroffenen (z. B. geringe seelische Belastbarkeit, demenzielle Erkrankungen) die professionelle Hilfe allein auf stabilisierende Maßnahmen beschränken muss.

Das Konzept der traumazentrierten Fachbegleitung und -betreuung basiert auf den Arbeiten des frühen Traumapioniers Pierre Janet, auf den Erfahrungen vieler PraktikerInnen im Bereich der psychosozialen Versorgung und orientiert sich an den aktuellen Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung, wonach eine qualifizierte körperliche, soziale und psychische Stabilisierung, die an den Ressourcen des jeweiligen Bewohners bzw. Patienten anknüpft, für die grundlegende Verbesserung der Befindlichkeit oder vollständige Erholung psychisch traumatisierter Menschen von zentraler Bedeutung ist.

Zielgruppenbeschreibung/Zulassungsvoraussetzungen

Das Curriculum „Traumazentrierte Fachbegleitung und -betreuung” ist konzipiert für:

  • Mitarbeiter im Gesundheitswesen mit abgeschlossener Berufsausbildung (z. B. Kranken- und Altenpflegefachkräfte, Ergotherapeuten, Reittherapeuten, Physiotherapeuten, Logopäden und Motopäden), ferner angelernte Pflegekräfte (z. B. Training on the job, Zertifikatslehrgang) ohne abgeschlossene fachbezogene Berufsausbildung (z. B. Pflegehelfer, Pflegeassistenten) sowie nach gesonderter Rücksprache auch ungelernte Pflegekräfte bzw. Laienhelfer (z. B. Präsenzkraft, Hilfskraft im Bereich der ambulanten und stationären Pflege) und andere im Pflegebereich Tätige
  • mit mindestens einjähriger Berufserfahrung in einem relevanten Praxisfeld.

Die Teilnahme an der Weiterbildung erfolgt selbstverantwortlich und setzt normale psychische und physische Belastbarkeit voraus, die Fähigkeit zur kritischen Hinterfragung der eigenen Arbeit und bisherigen Handlungsansätze sowie die Bereitschaft und Fähigkeit, an Übungen mit Selbsterfahrungscharakter teilzunehmen und dabei die eigenen Grenzen zu erkennen und zu wahren.

Aufbau der Weiterbildung

Der gesamte Weiterbildungsgang dauert ca. ein halbes Jahr und kann somit innerhalb dieses Zeitraumes mit Zertifikat (siehe unten) abgeschlossen werden. Die Weiterbildung besteht aus folgenden Bausteinen:

  • Drei Kompaktseminare zweitägiger Dauer mit je 16 Unterrichtseinheiten (UE), die in etwa sechs- bis achtwöchigem Abstand stattfinden. Die Veranstaltungstage sind Freitag und Samstag und dauern jeweils von 09:00 Uhr bis 17:30 Uhr.
  • Zwei Supervisionstage (samstags) von 09:00 Uhr bis 17:30 Uhr mit Selbsterfahrungselementen zu je acht UE, beginnend ab dem zweiten Kompaktseminar, in deren Verlauf von jedem Teilnehmer mindestens eine Falldarstellung zu erbringen ist. Die Fallvorstellung muss entlang eines vorgegebenen Schemas schriftlich dokumentiert werden.

Empfohlen, aber nicht vorgeschrieben: Kollegiale Arbeitsgruppen (drei bis sechs TeilnehmerInnen), die sich begleitend zur Weiterbildung, idealerweise auch nach deren Beendigung, in mehrmonatigen Abständen treffen, um die erworbenen Fertigkeiten und Praxiserfahrungen in kollegialer Runde zu reflektieren.

Inhalte/Didaktik

Die Inhalte der Weiterbildung orientieren sich an den internationalen wissenschaftlichen Erkenntnissen der Psychotraumatologie wie sie von anerkannten Fachgesellschaften (z. B. Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie [DeGPT; www.degpt.de], Bundesarbeitsgemeinschaft Traumapädagogik [BAG-TP]) vertreten werden.

Das FIFAP unter Leitung von Dipl.-Psych. Dipl.-Päd. Sabine Lehmann und Dipl.-Psych. Dipl.-Soz.-Päd. Bernd Nolde war und ist federführend an der Entwicklung von Wei­terbildungsstandards für verschiedene Berufsgruppen in der DeGPT beteiligt und ist selbst zertifiziertes Weiterbildungsinstitut für Traumapädagogik und Traumazentrierte Fachberatung (DeGPT/BAG-TP) sowie für Spezielle Psychotraumatherapie (DeGPT).

Die einzelnen Teile  bzw. Seminare des Curriculums bauen sowohl inhaltlich (zunehmende Komplexität) als auch didaktisch aufeinander auf. Als didaktische Mittel werden eingesetzt: Maximale Gruppengröße 16 TeilnehmerInnen (bei Inhouse-Schulungen: 20), mediengestützte Vorträge, Fallbeispiele, Übungen in der Gesamtgruppe sowie Kleingruppenarbeit, Fallbeispiele, Live-Demonstrationen vor der Gruppe sowie ausführliche, übersichtlich strukturierte Seminarunterlagen mit Texten, Arbeitsblättern und Übungsanleitungen.

Zertifizierung

TeilnehmerInnen, die das Abschlusszertifikat zur Weiterbildung anstreben („Traumazentrierte/r Fachbegleiter/in und –betreuer/in”), müssen die gesamte Weiterbildung durchlaufen und dürfen maximal vier (!) Unterrichtseinheiten Fehlzeit erreichen (= ein halber Veranstaltungstag). Die Zertifizierung beinhaltet keine daraus abzuleitenden formalrechtlichen Ansprüche im Sinne der Erlangung eines „Psychotherapeutenstatus“ oder der Möglichkeit zur Partizipation an der kassenrechtlichen oder einer anderen Versorgungsstruktur. Der Weiterbildungsabschluss entspricht einer Zusatzqualifikation für den Beruf, den die TeilnehmerInnen bereits ausüben.

Kosten und Termine

Die Höhe der Kosten und die jeweiligen Termine erfolgen nach gesonderter Absprache.